Donnerstag, 21. Mai 2009

S'ist wie's ist - und zwar gut

So, nun hat's mich auch erwischt. Man könnte sagen: Endlich. Nun ist Schluss mit der Ungewissheit. War ja auch komisch, als es langsam immer leerer wurde bei uns im Betrieb. Sogar einen Parkplatz bekam man morgens sofort. Ganz kapiert hab' ich das System nicht, nach dem die Kollegen gegangen wurden. Anfangs hatte ich noch gehofft, doch als die Einschläge immer näher kamen, da wurde mir klar, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich auch dran komm'. Und, wie gesagt, jetzt ist es soweit.
Was soll ich sagen, wie's mir geht? Gut geht's mir, richtig gut. Endlich hab' ich Zeit für mich. Von wegen 2009, das Krisenjahr. Na ja, so heißt es ja überall. Alle sind verzweifelt, unglücklich, am Boden zerstört. Ich versteh' nicht ganz warum. Also ich zumindest habe keine Millionen verloren, im Gegenteil, ich habe etwas gewonnen: ZEIT. Was für ein schönes Wort.
Jetzt kann ich mich endlich um mein eigenes Leben kümmern und nicht um das Vermögen vom Chef. Wie oft war ich auf der Arbeit und hab' gedacht: Jetzt frei, was wär' das schön. Dann könnte ich mit den Kindern ins Freibad, ich könnte auf dem Balkon liegen und ein Buch lesen, ich könnte selber eines schreiben. Ich könnte alle Zimmer renovieren, das Auto und die Fahrräder waschen, ich könnte durch den Wald spazieren, endlich mal meine alten Platten in Ruhe anhören. Ich könnte und könnte und könnte. Und durfte nicht, weil mal irgendwer beschlossen hat, dass jeder anständige Mensch täglich acht Stunden arbeiten soll.
Ohne Scheiß, verloren hab' ich wirklich nichts. Einen Ixfünf hatte ich vorher schon nicht, und werde ihn mir auch jetzt nicht kaufen. Obwohl, wär' irgendwo schon cool, zu den letzten Kurzarbeitschichten mit Bemwe zu kommen. Die Kollegas würden gucken. Kann mir richtig vorstellen, was da los wäre: "Guck' ihn dir an, jetzt ist er völlig durch, der Schiffkowski. Aber stilvoll, immerhin!"
Also wie gesagt, hab' ich nicht und muss auch nicht. Und jetzt mit der Krise ist da auch nix futsch. Eigentlich alles wie vorher. Nur eben alles etwas entspannter.

Die Sachbearbeiterin bei der Arbeitsagentur für Arbeit meinte, das wird schon wieder. Bin ja schließlich nicht allein. Soll demnächst mal zu einer Profeilinkmaßnahme gehen. Da werden wohl Details für die Bewerbung besprochen - zurechtgefeilt sozusagen, schätze, daher der Name. Bin gespannt, was die an meinem Lebenslauf türken werden. Wahrscheinlich fangen sie mit dem Geburtsort an, Castrop-Rauxel klingt einfach Scheiße. Dann der Familienname, Schiffkowski, ist auch nicht ärodynamisch genug für dieses Jahrtausend. Und Karl-Heinz sowieso nicht. Na, das mit dem Foto wird ja kein großes Problem sein, kann man ja heute alles am Computer überschminken, Nase kleiner, Tränensäcke und Falten weg, Zähne weiß, Ohren anlegen, ein gewinnendes Lächeln aufsetzen - so eines, wie man es im richtigen Leben niemals hinkriegt, wenn es drauf ankommt -, alles im Fotoschopp gemacht und fertig ist der neue Bewerbungskandidat Charly Schiffky. Nee, das klingt voll Scheiße, vielleicht wie früher: Kalle Schiffe. Nee, auch doof. Also irgendwie, da muss ich mir bestimmt auch nicht groß Gedanken zu zu machen. Ist schließlich deren Job.
Und außerdem muss das ja auch für mich ok sein, was die da aus mir machen. Man kann ja nicht die Rechnung ohne den Wirt machen. Oder, wie Evi immer sagt: "Heute mach ich's dem Wirt ohne Rechnung."

Jedenfalls, das Wochenende war ok. Alle haben gesagt: "Vorsicht, pass auf, stell es dir nicht zu einfach vor, da sind schon andere dran gescheitert, ganz ganz gefährlich." - Totaler Quatsch. Ausgeschlafen, Brötchen holen, frühstücken, dann auf den Balkon, eine "roochen", bissken Zeitung lesen, dann - als warm war - wieder rein, Solitär zocken - da gibt es jetzt ein neues: Spider Solitär, kannte ich noch gar nicht - ja und dann war auch schon Ahmd, also Abend (wie in "Gudnahmd!"), also Feuer frei für Tiwi. Ja, weiß gar nicht was die wollen. Ging rum wie nix. Da kann man bloß noch sagen: Die kochen ihre Eier auch nur mit Wasser.

Moment, da fällt mir einer ein, ein richtig Guter. Müsste man eigentlich eine Rubrik draus machen: Bester Witz des Tages, oder: Bester Tageswitz, oder: Vom Tag der beste Witz. Ich weiß bloß nicht, ob das geht. Muss ich mal beim Köttel nachfragen, der weiß sowas. Ist ja auch sein Computer. Obwohl, gekauft hab' ich ihn.

Also der Köttel meint, das geht in Ordnung. Der meint auch, ich soll mir da nicht so Sorgen machen, ich bin hier Chef und kann machen, was ich will. Das ist die neue Freiheit vom Internet, sagt er. Da kann man machen, was man will. Hat er mir schon gezeigt, was er da für Filme herholt, und ganz ohne bezahlen. Neulich hab' ich aber gehört, dass mein Köttel damit quasi mit mindestens einem Bein schon im Knast steckt. Oder eigentlich ich, denn mit seinen jungen 15 Jahren da bin ich noch für zuständig.
Also echt, der hat da Filme, da fallen mir die Ohren ab. Ich weiß noch, wie ich zwei Stunden um den Bahnhofskiosk rumgeschlichen bin, um mir dann die "Praline" zu kaufen. Tja, die Zeiten ändern sich.

Also der Witz: Kommt einer zum Apotheker: "Einmal Hodenfarbe bitte." Der Apotheker: "Was?" - "Einmal bitte Hodenfarbe." - Der Apotheker: "Wie kommen Sie denn da drauf?" - "Der Arzt hat gesagt: Oh, Ihr Cholesterin ist ganz schön hoch, da müssen Sie wohl die Eier streichen."

Ist doch nicht schlecht, oder? Ich jedenfalls hab' gelacht, und jetzt eben nochmal.

Muss ich unbedingt meinem Kumpel erzählen, dem Mustafa. Den hat es ja schon früher erwischt als mich, arme Socke. Aber so ist das wohl, wenn man Ausländer ist. Da geht's dir immer schlechter. Jedenfalls, der Mustafa, kluger Kerl, hat gesagt, er lernt jetzt deutsch, also richtig deutsch. Hat bisher nicht so geklappt bei ihm. Dann kapiert er auch diesen Witz. Das war sonst nämlich immer ganz schön schwierig mit ihm, vor allem beim Witze erzählen. Er war zwar höflich, hat gelacht, aber kapiert hat er trotzdem nix.

Heute morgen war auch gut. Wecker klingelt, ich denke: "Leck mich am Arsch!" und mach' die Nervensäge aus. Als ich dann später wach wurde, als die Sonne schien, hab' ich erst 'n Schreck gekriegt. War dann schnell vorbei. Schöner Tag war das, hab ein paar Kumpels in der Stadt getroffen, Essen eingekauft, die Sonne genossen.

Früher war Abend ja immer dann, wenn ich von der Arbeit nach Hause kam. Das geht jetzt nicht mehr. Muss mir noch überlegen, wann ab sofort Abend anfängt.
Neues Projekt: Abend festlegen.

In diesem Sinne: Prost!

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

S'ist wie's ist - und...
So, nun hat's mich auch erwischt. Man könnte sagen:...
Ambulito - 22. Mai, 21:17

Links

Suche

 

Status

Online seit 5460 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Mai, 21:17

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren